Qalaat Jabar: Ziegelburg am Assad-Stausee



qual1.jpgEine stark befestigte Burg an der Enge des einzigen Flusses weit und breit war im Mittelalter eine sichere Einnahmequelle. Nicht nur am Rhein, sondern auch am Euphrat.

Das allein erklärt bereits einen guten Teil der Bedeutung der syrischen Burg Qalaat Jabar.

Durch den Bau des Assad-Stausees ist das blaue Wasser der Burg heute deutlich näher gekommen. Aus der einstigen Bergburg am Ufer wurde eine Inselburg, die nur durch einen Damm mit dem Land verbunden ist.

Eine weitere Besonderheit: Die ovale Anlage auf einem Basaltfelsen ist komplett aus gebrannten Ziegelsteinen errichtet. Einmalig für Syrien. Sie ist durch einen zweifachen Mauerring und diverse mächtige Türme gesichert.

Hinein kommt man nur durch einen breiten, in den Berg gehauenen Tunnel.

Bereits in der Antike war der Dausar (Dowser) genannte Ort befestigt. 1011 fiel er in die Hände des Beduinenführers Wattab ibn Jabar aus dem Stamm der Banu Numair.

Rund 70 Jahre lang hatten die Jabars auf der Burg das Sagen. Ihr Name blieb an der Burg hängen (das davor stehende Qalaat, bzw. Qualaat heißt Burg).

qualaat1.jpg1040-42 gelangte sie durch Kauf an den fatimidischen General ad-Dizbari, der mit ihr das 30 Kilometer entfernte Rakka bedrohen wollte (heute bekannt als „Hauptstadt“ der Terrormiliz IS/Daesh. Doch bald saßen die Jabars wieder im Sattel.

Die Familie finanzierte sich offenbar durch Wegelagerei, was den umliegenden Herrschern zwangsläufig gegen den Strich ging.

Eine Belagerung durch Ibn Qurais endete 1080 mit dem Versprechen, die Räuberei zu einzustellen.

Nun übernahm Sabiq ibn al-Sabiq von besagtem Abu Numair-Stamm die Herrschaft auf der Burg. Doch der Kompromiss hielt nicht lange vor.

Möglicherweise fühlten sich die Bewohner auf ihrem scheinbar uneinnehmbaren Basaltfelsen am Euphrat einfach zu sicher. Und die unter ihrer Nase vorbeiziehende reiche Beute erschien ihnen einfach zu unwiderstehlich.

qualaat2.jpg1083 kam es zu einer erneuten Belagerung, diesmal durch den Seldschuken-Sultan Malik Schah I. (Melikşah). Die Burg fiel.

Der Sieger kannte keine Gnade und ließ Sabiq ibn al-Sabiq und seine Söhne kurzerhand als Wegelagerer kreuzigen. Der Sultan vergab die Anlage dann 1086 als Lehen an den ehemaligen Kommandanten der Zitadelle von Aleppo.

In den folgenden Jahrzehnten wurde der Burgberg besiedelt. Unter der Herrschaft der Uquailiden (ursprünglich arabische Beduinen) gedieh das kleine Fürstentum von Jabar und al-Raqqa prächtig.

Nach dem Tod von Malik Schah 1092 war das Seldschuken-Reich in kleinere, konkurierende Kleinstaaten zerfallen, einer davon war Jabar. Ein Umstand, der es den Kreuzfahrern wenige Jahre später umso leichter machte, größere Gebiete zu erobern und zu halten.


qualaat3.jpgDen Streitigkeiten der umliegenden Potentaten setzte man in Jabar eine neutrale Politik, verbunden mit engen Beziehungen entgegen.

Die Uqailiden vermittelten auch bei inner-seldschukischen Konflikten. Mit den Franken wollten sie auch keinen Ärger und blieben neutral.

Bekanntester Vertreter der Uqailiden war Saraf ad-Daula Muslim ibn Qurais. Ihm gelang das Kunststück, die Nomadenstämme zum gemeinsamen Kampf gegen die Seldschuken zu bewegen.

1108 wurde Balduin von Edessa, der zehn Jahre später als Balduin II. König von Jerusalem werden sollte, kurzzeitig auf der Burg festgehalten. Er war 1104 bei der Schlacht von Harran zusammen mit seinem Vetter Joscelin in seldschukische Gefangenschaft geraten.

Während er auf Qalaat Jabar saß, wurden die letzten Bedingungen der Freilassung besprochen, die bald danach erfolgte.

1146, bei seinen Versuchen Damaskus zu erobern, belagerte Imad ad-Din Zengi die Burg. Am Fuß des Burgbergs wurde er jedoch von einem Sklaven ermordet.

1202 fiel die Burg dann an den in Aleppo regierenden Sohn Saladins.

qualaat4.jpgDas große Problem der Ziegelburg war und ist die Haltbarkeit ihres Baumaterials. Bei Regen, der auch in diesen Breiten zuweilen vorkommt, lösen sich die Ziegel langsam auf. Heute sichert man die Mauern, indem man die oberste Ziegelreihe mit einer Betonschicht abdeckt.

Von weitem sieht Qalaat Jabar immer noch imposant aus. Doch hinter der Mauern und Türmen liege in erster Linie Ruinen und bröselige Grundmauern. Den höchten Punkt krönt inzwischen ein Minarett.

Der Blick über den Stausee ist natürlich fantastisch, und so war die Ruine unter dem fast immer blauen syrischen Himmel vor dem Bürgerkrieg ein gern angesteuertes Ziel von Einheimischen und Touristen.

Und hier mal ein kurzer Schwenk über Burg & See:

Quellen/Links: Empfehlenswerte Beiträge bei Burgenwelt (Detlef Mewes). Sehr informativ ist die Broschüre Die mittelalterlichen Burgen in Syrien, ebenfalls von Detlef Mewes. Man kann sie sich als PDF herunterladen. Da es sich um eine Druckversion handelt, scheinen die Seitenzahlen etwas durcheinander.

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Fotos: Burgerbe.de






6 Gedanken zu „Qalaat Jabar: Ziegelburg am Assad-Stausee“

  1. Qalaat Jabar sieht von außen wieder gut aus. Habe 1961 von der Euphratsete davor gestanden, die Burg war ziemlich ruiniert. Nicht begeh- oder bewohnbar. Man erkannte aber die Mächtigkeit der Anlage. Die Ostseite war an die Hochebene angelehnt.
    Der See ist mächtig geworden, hätte ich damals nicht gedacht, dass er sich so weit ausdehnt. Aber die vielen Seitentäler machen das wohl. Habe alles noch als trockenes Tal erlebt, mit großen Baumwollfeldern. 1961 wurden diese Felder noch mit riesigen Catarpilla umgepflügt und für eine neue Felder angelegt. Sie fuhren den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch. An den mächtigen Scheinwerfern sah man den Standort im Tal. Besonders die Schar der großen Vögel, die sich die aufgescheuchten Mäuse und Schlangen holten. Habe nie so viele Habichte und Bussarde und noch andere Vögel auf einem Haufen gesehen. Ist nicht nur für Ornitologen eine große Show gewesen.

  2. Die Jabar Burg ist heute eine türkische exklave. Da sie für die Türken von grosser bedeutung ist, wurde die Burg den Türken überlassen…

  3. al saleikum salaam (oder so ähnlich)
    wir waren auch gerade dort und haben auch das Baden im See sehr genossen – die Hitze ließ uns keine andere Wahl 😉 Ich habe allerdings eine Wasserschlange zwischen den Steinen am Ufer gesehen und sie war nicht richtig klein (halber Meter?). Da aber viele Leute dort baden gehen, frage ich mich, ob diese ungiftig sind. Jedenfalls sind sie nicht angriffslustig, oder hat jemand schon mal was anders gehört? Leider hatten wir dann keine Zeit mehr für die Burg und haben sie nur von außen genossen. Aber ein toller Anblick!!

    LG

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