Die Marksburg: Vater Rhein immer im Blick



Zu einer alten Burg gehört ein langer Schlüssel. Den hat die nette Burgführerin in der Gesäßtasche, und der Fünfjährige, der ununterbrochen von der Ritterwoche im Kindergarten brabbelt, darf auch mal aufschließen. Wenigstens dabei ist er ruhig.

Der Rundgang durch die 1231 erstmals erwähnte Anlage geht durch das Schartentor (erbaut um 1300), dessen Besonderheit auf den ersten Blick auffällt: Es wurde im Lauf der Zeit deutlich verkleinert.

Das ursprüngliche, recht große Tor geht auf die Angewohnheit der adeligen Bewohner zurück, hoch zu Ross bis in den inneren Hof zu reiten. Aus dem Feld wurde dazu extra eine Pferde-Treppe geschlagen.

Marksburg Tor
Das Tor zur Marksburg

Mit dem Aufkommen der Feuerwaffen erwiesen sich die Riesentore allerdings als, nunja,  Einfallstore für die Kanonenkugeln der Feinde. Sie wurden daher schleunigst verkleinert.

Damit verbundener Nachteil: Die hochwohlgeborenen Herschaften mussten nun beim Einreiten auf ihre Köpfe achten.

Das besagte Schartentor ziert auch noch eine Pechnase. Diese sieht zwar aus wie eine mittelalterliche Toilette, war aber eher zum Herunterschütten weit unangenehmerer Substanzen auf ungebetenen Besuch gedacht.

Die Burg ist nur im Rahmen einer solchen Tour zu besichtigen, was sich aber durchaus lohnt.

Die Marksburg ist übrigens die einzige nie zerstörte Höhenburg am Rhein. Allerdings hat der Zahn der Zeit gründlich an ihr genagt. Besonders interessant ist der Blick auf die Kleine und Große Galerie mit ihren Kanonen.



Hier findet sich eine der ältesten Kanonen Deutschlands, eine Kammerbüchse. Das waren frühe Hinterlader, die allerdings die Neigung hatten, hin und wieder „nach hinten loszugehen“.

Die Reichweite betrug nur wenige hundert Meter. Es reichte gerade, um die unten liegende Uferstraße zu treffen. Wenn überhaupt. Manchmal krachten die sechs bis zwölf Pfund schweren Kugeln auch in die eigenen Mauern…



Hinterlader
Eine Feldschlange zielt auf mögliche Belagerer

Daher wurde in den letzten Jahren des 30-Jährigen Krieges besagte Galerien gebaut und mit „modernen“ Kanonen bestückt, die wenigstens ca. 1000 Meter und damit über den Rhein schießen konnten.

An die Kanonen-Galerie schließt sich der Kräutergarten an. Der Blick von hier aus über den Rhein ist fantastisch und sollte ein Foto wert sein.

Innen gibt es dann Küche, Weinkeller, Rittersaal, Schlafgemach, Kapelle, Rüstkammer, Werkstatt und eine nachgebaute Folterkammer zu sehen. Richtig gut gefallen hat mir, dass die Tourleiterin anhand der Exponate immer wieder die Herkunft von Sprichworten erläutert hat.

Jetzt weiß ich zum Beispiel, dass „einen Zahn zulegen“ etwas mit dem Höher- oder Tieferhängen von Töpfen an einem mit Zähnen versehenen Metallband über dem Feuer zu tun hatte. Das vergisst man so schnell nicht wieder.

Marksburg Aussicht
Blick von der Marksburg ins Mittelrheintal

 

Nach diversen Besitzerwechseln diente die Burg (auch als Schloss Marxburg bezeichnet) in napoleonischer Zeit als Gefängnis und Invalidenhaus. Auch Freiheitskämpfer der 1848er Revolution saßen hier ein und hinterließen Graffitis (heute nicht mehr sichtbar).

1866, mit der Annektion des Herzogtums Naussau, fiel den Preußen auch die Marksburg zu.

Die neuen Machthaber wollten kein Geld in den Bau investieren, und die Anlage verfiel 40 Jahre lang. 1900 wurde sie (auf Fürsprache von Kaiser Wilhelm II.) schließlich für 1000 Goldmark von der neugegründeten Deutschen Burgenvereinigung übernommen, deren Sitz sie heute noch ist.

Im Krieg setzte US-Artilleriefeuer vom gegenüberliegenden Rheinufer der Burg erneut zu. Die Restaurierung der Schäden an den Dächern dauerte bis in die 70er Jahre.

Zitat Wikipedia: „Nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten bietet die Marksburg heute als Burgmuseum ein geschlossenes Bild einer relativ authentisch erhaltenen spätmittelalterlichen Burganlage.“

1988 bekundeten übrigens japanische Bauherren großes Interesse an der Anlage. Sie schlugen vor, sie Stein für Stein abzubauen und in einem japanischen Freizeitpark wieder aufzubauen – im Rahmen eines geplanten deutschen Dorfes auf der Insel Miyako-jima.

Die Burgenvereinigung lehnte ab, unterstützte aber die Errichtung Bau eines originalgetreuen Nachbaus. Und so kam die Marksburg 1996 zu einer Kopie in den Subtropen, von der aus man auf azurblaues Wasser und ein Korallenriff schaut.

Aktuell wird die Fassade der (echten) Burg wieder in ihren alten Zustand zurückversetzt, d.h. strahlend-weiß gestrichen.



Ort: 56338 Braubach (bei Koblenz)

Link: Marksburg-Website

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